Author: Michael Mayer, Tübingen, Deutschland
Date: May 11, 2002 17:05:26
Size: 1712 x 1368
Type: jpg
User's short description: Strasse in Tübingen (Ortsteil WHO) bei Nacht.
Einfach (und) wirkungsvoll Da hat Michael Mayer mit ganz sparsamen Aufwand doch ein sehr schönes Foto kreiert.
Eigentlich gibt es an dem Motiv ja überhaupt nichts besonders Aufregendes und trotzdem ist ein sehr stimmungsvolles und starkes Bild entstanden. Wie kann das denn angehen?
Nun, die Frage ist sehr schnell beantwortet: Michael Mayer war mit seinem Bild einfach etwas mutig. Er hat sich etwas getraut, was nicht unbedingt immer gut gehen muss. Und er hat darüber hinaus ganz automatisch zu einer schönen Linienführung gefunden.
Es war richtig, dass der Autor bei dieser Nachtaufnahme völlig auf den Einsatz zusätzlichen Lichtes verzichtet hat. Ein Aufhellblitz zum Beispiel hätte die Stimmung des Bildes gänzlich zerstört. Und es war richtig, dass er der Versuchung widerstanden ist, die „falsche” Farbigkeit der Straßenbeleuchtung gegenzufiltern. Gerade diese „falsche” Farbstimmung ist es, die den stimmungsvollen Reiz dieser Aufnahme ausmacht.
Bei solchen Lichtverhältnissen ergeben sich ganz automatisch lange Belichtungszeiten. Da kann man dann nicht mehr aus der Hand fotografieren. Dann muss man ein Stativ verwenden oder einen anderen stabilen und verwacklungsfreien Untergrund für die Kamera finden. Wahrscheinlich hat Michael Mayer seine Kamera ganz einfach auf den Boden bzw. auf den Bordstein gestellt.
Die Nähe der Optik zum Bordstein hat ihm zusätzlich auch im Bildaufbau geholfen über die Betonung der Kantenlinie mit Führung auf den Mittelpunkt seines Bildthemas: dem abgestellten Fahrzeug.
Es ist ein Glück, dass in dieser Nacht gerade so viel Dunst war, um den Bildhintergrund ganz zart verschwimmen zu lassen, die in leichter Kurve ins Unbekannte verlaufende Straße, und gerade so wenig Dunst, dass nicht einfach alles im Grau versäuft.
Kann man an diesem Foto noch etwas verbessern?
Bei der Aufnahme ist sicher alles richtig gemacht worden mit einer kleinen Ausnahme, auf die ich am Ende noch eingehen werde. Es gibt zwar noch etwas, das den Blick ein klein wenig irritiert, aber das ist beim Fotografieren nicht zu beeinflussen:
Das Bild wäre sicher noch etwas intensiver und die Wirkung noch eindrucksvoller, wenn nicht im rechten Bildteil das Verkehrsschild und vor allem die helle Leuchte das Auge ablenken würden. Da gibt es aber nur Abhilfe über nachträgliche Bildbearbeitung. Ich habe das Foto in zwei Versionen nachbearbeitet:
a - hier habe ich das Verkehrsschild weggenommen und die Leuchte rechts außen. Das Ergebnis zeigt sicher deutlich, was ich meine.
b - zusätzlich habe ich hier noch die Intensität der Leuchte in der Mitte des Bildes reduziert. Darüber kann man sich sicherlich streiten. Ich finde aber, es hilft noch weiter.
Nun noch mein kleiner Einwand. Ich verstehe die Gründe und halte es auch für richtig, dass der Autor die Schärfe ziemlich weit nach vorne gelegt und die Blende relativ offen gehalten hat. Auf diese Weise befindet sich das geparkte Auto schon im Unschärfebereich und das Geheimnisvolle des Bildes geht nicht verloren. Aber darf es sein, dass sich im Schärfebereich eigentlich überhaupt nichts befindet? Ich könnte mir dort sehr schön eine über die Straße laufende schwarze Katze vorstellen. Aber wie überredet man die dazu, für die Dauer der notwendigen Belichtungszeit an der richtigen Stelle unbewegt stehen zu bleiben?
Vergessen Sie also diesen Einwand, das war jetzt nur geträumt.
Vielmehr gratulieren wir Michael Mayer zu seinem schönen Foto.
Trackingnumber: tutor-000979
Author: Mariusz Szuba, Swinoujscie, Poland
Date: May 26, 2002 20:05:53
Size: 392 x 594
Type: gif
User's short description: paradise
Ganz einfach besser machen Wir sind wohl mitten drin in der Urlaubszeit, jedenfalls habe ich auch dieses Mal wieder so ein typisches Urlaubsfoto zu besprechen.
Im Gegensatz zu jenem in der letzten Woche gezeigten Bild von Andrea Harder vermisse ich dieses Mal aber die Ansätze von gestalterischem Sehen.
Das Foto von Mariusz Szuba ist wahrscheinlich rein zufällig und ganz spontan entstanden. Es ist also ein richtiger Urlaubsschnappschuss. Der hat für ihn selbst natürlich einen ganz bestimmten Wert: das Aufbewahren der Erinnerung an eine besonders schöne Zeit. Und auch die Freunde, denen er sein Urlaubsfoto zeigt, werden sicher sagen: „Toll, ... der Strand, das Meer, das schöne Wetter ...”.
Eigentlich hätte dieses Bild damit seine Funktion doch erfüllt. Aber reicht das? Und würde es diese Funktion nicht noch viel besser erfüllen, wenn es darüber hinaus auch noch ein „besseres"” Bild wäre? Es ist nicht schwierig und auch nicht mit großem Aufwand verbunden, von diesem Motiv ein besseres Foto zu machen.
Stellen wir erstmal fest, was mir an diesem Bild gefällt und was mir nicht gefällt!
Mir gefällt:
- die Grundidee des Bildes: Frau mit Strand, Palmenufer, Meer und Himmel
- die Rückenansicht und die Schuhe in der Hand
- die Fußspur im Sand
Mir gefällt nicht:
- der schiefe Horizont
- das Bildformat und die Gewichtung der Bildteile
- die mittige Ausrichtung des Bildes
Jetzt einfach der Reihe nach.
Einen schiefen Horizont zu vermeiden ist sicher das einfachste der Welt, da muss man sich beim Auslösen einfach ein wenig drauf konzentrieren. Ich möchte aber nun nicht den Eindruck erwecken, ein Bild darf nicht auch mal entgegen aller Sehgewohnheiten völlig schief stehen. Das sieht gelegentlich sogar richtig gut aus, aber bitte nur dann, wenn es durch das Motiv und die Aussage auch seine Entsprechung und Berechtigung hat.
Je länger ich mich mit dem vorliegenden Foto beschäftige, um so mehr komme ich zu der Überzeugung, dass es für das Bild sehr viel vorteilhafter gewesen wäre, querformatig zu fotografieren. Denn eigentlich zeigt es mir von einem Teil viel zu wenig, welches ein ganz wichtiges Element des Bildmotivs darstellt: dem Meer.
Nehme ich die Kamera nun querformatig, dann habe ich das Meer viel wichtiger im Bild. Und wenn ich jetzt zusätzlich die Kamera noch leicht nach unten kippe, schiebt sich der Horizont nach oben: ich habe nicht mehr so extrem viel davon drauf und kann das Foto mehr auf diese schöne und interessante Fußspur konzentrieren (zum Glück ragt bei dem Foto von Mariusz Szuba wenigsten dieser eine einsame Palmwedel in den Himmel). Wenn nun die Kamera noch einen ein klein wenig höheren Standpunkt erhält - einfach mal auf die Zehenspitzen stellen - , dann verliert sich auch die knappe Überschneidung des Hutes mit den Palmenstämmen des Hintergrundes.
Durch die Änderung des Bildes in ein Querformat erhalte ich automatisch rechts und links mehr Raum. Wenn ich von diesem nun etwa 1/3 links ansetze und den Rest rechts, bekomme ich zum einen deutlich mehr von dem Blau des Meeres und zum anderen rückt die Person aus der strengen Anordnung in der Bildmitte nach links. Der Gesamteindruck des Bildes wird harmonischer und ausgeglichener. Dann mit der Kamera noch einen ganz kleinen Schritt nach links. Das führt dazu, dass die Fußspur im Sand nicht so direkt auf die Kamera zuführt, sondern vom rechten unteren Bildrand aus in einer leichten Diagonale die Person noch stärker betont.
Es ist also festzustellen, dass diese Aufnahme schon mit ein wenig mehr Überlegung zu einem besseren Ergebnis führt.
Jetzt noch etwas für Spezialisten: machen Sie doch ein solches Bildmotiv einmal unter Verwendung eines Weitwinkelobjektivs. Dafür muss man mit der Kamera natürlich näher an die Person heran, damit sie nicht kleiner und unbedeutender wird. Dafür aber wird der Vordergrund und vor allem die Fußspur deutlicher und dominanter.
Zum Schluss noch eine Frage an den Autor:
Das mir vorliegende gif zeigt eine seltsam unterdrückte Farbigkeit, wenig Kontrast und Sättigung. Könnte es sein, dass der Film vor der Entwicklung zu warm geworden ist oder bei der Gepäckkontrolle heftig bestrahlt wurde?
Nicht vergessen: Filme nie in der Sonne liegenlassen oder gar im Handschuhfach eines Fahrzeugs. Und gegen die X-rays der Gepäckabfertigung gibt es im Handel entsprechende Sicherheitsbeutel mit einer Bleifolie. Dies ist besonders wichtig bei Reisen in exotische Länder, deren Flughäfen oft nur über reichlich antiquierte, mit einer hohen Strahlendosis arbeitende Kontrollgeräte verfügen.