Author: Dirk Schumacher, Mühlheim am Main, Hessen - Germany
Date: Aug 23, 2004 15:12
Size: 1024 x 680
Type: jpg
User's short description: Anfängerfoto geschossen mit einer EOS300D! Gerne würde mich interessieren was der Tutor hierzu sagt!
So haben wir alle mal angefangen ...
Es sind wahrscheinlich immer die ähnlichen Motive, mit denen wir unsere fotografische Laufbahn beginnen. Wenn wir in unseren Schubladen ganz tief unten kramen, finden wir mit Sicherheit Aufnahmen, welche dem hier vorgestellten Foto gleichen.
So wie wir uns in der Anfangsphase unserer Fotoambitionen — aus welchen Gründen auch immer das der Fall sein mag — völlig automatisch und unwillkürlich auf ganz bestimmte Motive und Aufgabenstellungen stürzen, so machen wir alle als Anfänger dann vergleichbare Fehler und Erfahrungen. Die Ergebnisse dieser Fotoexperimente scheinen in ihrer durch unsere mangelnde Erfahrung bedingten Unvollkommenheit jedenfalls durchaus Parallelen aufzuweisen. Das allerdings muss durchaus kein Nachteil sein. Es versetzt uns nämlich in die Lage, unsere Erfahrungen an authentischem Beispiel weiterzugeben.
Der Einsender unseres heutigen Bildbeispiels, Dirk Schumacher, ist ein solcher Neueinsteiger in die Fotografie, das wahrscheinlich interessanteste Hobby - sofern man sie als solches wirklich ernst nimmt, sich engagiert und Ziele setzt. Zum Einstieg in dieses Hobby hat er sich von Anfang an eine recht anspruchsvolle Ausrüstung zugelegt, welche ihm von der technischen Seite her viele Möglichkeiten bietet und auch die ersten qualitativen Ansprüche befriedigen kann. Es ist durchaus eine richtige Vorgehensweise, sein fotografisches Equipment gleich zu Beginn auf eine ordentliche Basis zu stellen. Falsches Sparen an dieser Stelle führt leider in den meisten Fällen je nach Fortschritt im Können zu einer früher oder später einsetzenden Enttäuschung.
In seiner Begeisterung über das für sich neu entdeckte Medium der Fotografie hat der Autor wohl ganz gezielt nach einer besonders ungewöhnlichen Perspektive gesucht. Ganz ohne Zweifel hat er eine solche auch gefunden. Es muss jedoch hinterfragt werden, ob diese Perspektive dem von ihm gewählten Objekt des Frauenbildnisses gerecht wird. Immerhin hat er meine schon so oft ausgesprochene dringende Empfehlung berücksichtigt, mit der Kamera immer so nah als möglich ans Motiv heranzugehen — vielleicht ganz unwillkürlich, vielleicht aber auch als Resultat des Studiums meiner bisherigen Bildbesprechungen.
Leider aber ist er da doch etwas über das Ziel hinaus geschossen. Die extrem geringe Aufnahmedistanz in Verbindung mit der von ihm gewählten kurzen Brennweite des Objektivs führt zu einer deutlichen Verzeichnung des Bildes. Die Stirn wird überdimensional breit und die Nase tritt überdeutlich nach vorn, wogegen das Kinn schon stark verkleinert und fliehend abgebildet wird. Besonders ungünstig jedoch wirkt sich die Wahl der Brennweite auf die Abbildung der im dunklen linken Bildbereich gerade noch erkennbaren Arme und Beine aus. Diese wirken jetzt doch ziemlich unnatürlich verdreht.
Das hätte der Fotograf eigentlich erkennen müssen: so richtig vorteilhaft wird die junge Frau im Bild nicht gerade abgebildet — jedenfalls bei weitem nicht so hübsch, wie sie in Realität wirklich sein mag. Manchmal ist es leider notwendig seinen Drang nach ungewöhnlichen Sehweisen etwas zu zügeln, wenn man Wert legt auf ein gutes Ergebnis seiner fotografischen Arbeit. Zum guten Ergebnis eines Portraits gehört aber auch die einigermaßen authentische Wiedergabe des fotografierten Menschen.
Ich möchte den frischgebackenen Fotoliebhaber jedoch auf keinen Fall davon abhalten, neue Wege zu beschreiten und ungewöhnliche Lösungen auszuprobieren. Im Gegenteil, solche Experimente verhelfen zu neuen Erfahrungen und Erkenntnissen. Wichtig ist nur, dass man lernt, die Ergebnisse dieser Experimente auch angemessen und selbstkritisch zu beurteilen.
Zum Schluss möchte ich noch eine weitere dringende Empfehlung aussprechen: Bei Aufnahmen im Nahbereich — so wie in diesem Bildbeispiel — sollten Sie die Autofokus-Funktion Ihrer Kamera unbedingt ausschalten. Man kann gut erkennen, dass die von der Automatik eingestellte Schärfe den Bereich der oberen Stirn und des Haaransatzes umfasst, während die für ein Portrait als zentraler Punkt wirkenden Augen aber leider bereits in der Unschärfe liegen. Wenn Sie manuell fokussieren, können Sie die Schärfe exakt dorthin setzen wohin sie gehört: auf die Augen.